
Sie sammeln Punkte, treten in Duellen gegen andere Spieler*innen an und steigen Level für Level auf: Die Rede ist nicht von Zockern vor ihrer Xbox, sondern ganz normalen Angestellten, die fürs Spielen in ihrer Arbeitszeit sogar noch bezahlt werden.
Gamified Learning nennt sich die Methode, bei der Game-Design-Elemente und Game-Prinzipien in Nicht-Game-Kontexten eingesetzt werden. Sie beruht auf der Annahme, dass Lernende dann am besten lernen, wenn sie Spaß haben: Ähnlich dem Super Mario-Spiel am Gameboy erwirbt man beim Gamified Learning Punkte, Münzen oder ähnliche Währungen, um aufzusteigen, kann sich in Boss-Kämpfen mit anderen Spieler*innen messen und steigt Level für Level auf, bis hin zum Masterlevel.
Im Businesskontext gibt es Gamification als Strategie seit Anfang der 2000er-Jahre, geprägt vom Programmierer und Autor Nick Pelling. Die Methode an sich geht allerdings weiter zurück: Bereits in den 1960er-Jahren arbeiteten psychiatrische Kliniken mit einer so genannten „Token Economy“, einem systematischen Belohnungssystem, in dem Patient*innen für gewünschtes Verhalten Chips erhielten, die sie später gegen Prämien eintauschen konnten.
Was ist Gamified Learning?
Beim Gamified Learning werden Spielmechanismen in den Lernprozess integriert. So sind Spielmechanismen wie High Scores, Level, Ranglisten und unmittelbare Feedbackschleifen wichtige Elemente für ein Spiel und sorgen nicht nur für den Unterhaltungsfaktor, sondern auch dafür, dass Lerninhalte einfach und spielerisch vermittelt werden können.
Der Vorteil: Spielmechanismen regen die starken intrinsischen Motivationsfaktoren von Lernenden an. Durch das aktive Handeln im Spiel wird der Grad an Aufmerksamkeit erhöht, selbstbestimmte Spielentscheidungen und direkt spürbare Auswirkung der eigenen Aktionen führen zu Flow-Prozessen im Spiel und lassen Spieler*innen ihre Selbstwirksamkeit erleben.
Elemente von Gamified Learning
- Fortschrittsanzeige: Spieler*innen wissen zu jedem Zeitpunkt genau, wie viel sie bereits geleistet haben und was noch offen ist. Die Transparenz ist zentrales Element der Motivation.
- Rangliste: Menschen vergleich sich gerne mit anderen. Wenn Status und Fortschritt anderer Spieler*innen sichtbar sind, entsteht ein Wettbewerb, der zusätzlich motiviert.
- Quest: Spieler*innen müssen eine bestimmte Aufgabe innerhalb einer bestimmten Zeit lösen. Oft bauen diese Aufgaben aufeinander auf, um Qualifikationen und Erfahrungen zu trainieren.
- Sichtbare Resultate: Punkte oder andere Belohnungen können Anwender*innen einschätzen, was ihnen eine Spielaktion bringt, und werden zum Weiterspielen motiviert. Das steigert zusätzlich den Bindungseffekt.
- Zusammenarbeit: Die gezielte Zusammenarbeit verschiedener Teamplayer steigert den Zusammenhalt und führt zum gegenseitigen Austausch und Lernen voneinander.
- Avatare: Als empathische Lebewesen fühlen Menschen sich an einen Avatar, den sie selbst gestaltet haben, besonders gebunden. Können sie diesen durch Erfolge im Spiel sogar weiterentwickeln, steigt die Motivation, regelmäßig zu spielen.
- Story: Setzen Sie Geschichten ein, um den Sinn des Spiels zu vermitteln und Wissen subtil zu vermitteln. Dabei können Lerninhalte aufeinander aufbauen.
Intrinsische Motivation durch Spielelemente
Der US-Schriftsteller Daniel Pinks unterscheidet drei intrinsische Motivationsfaktoren: Selbstbestimmung, Perfektionierung und Sinnerfüllung.
Diese können direkt in Spielmechanismen übersetzt werden, etwa durch die (unerwartete) Belohnung von Lernfortschritten: In Videospielen wird das Prinzip nach „trial and error“ so gut wie nie bestraft, scheitern und mehrere Versuche sind erlaubt oder sogar willkommen.
Mit der Belohnung bereits von Versuchen fördern Spielelemente bei Lernenden nicht nur das Gefühl von Fortschritt, sondern auch eine wachstumsorientierte Haltung, bei der die eigenen Fähigkeiten mit Engagement und Fleiß weiterentwickelt werden können. Wichtig ist, dass Scheitern als ein Punkt im Prozess begriffen wird, nicht als Endstation. Anders gesagt: Auch wenn die Prinzessin nicht beim ersten Versuch befreit wird, erhält man Erfahrungspunkte und kann es sofort aufs Neue versuchen.
Vorteile von Gamified Learning
- Lernende bekommen das Gefühl, dass sie die Verantwortung für ihr Lernen haben
- Eine entspanntere Atmosphäre in Bezug auf Misserfolge, da man es einfach noch einmal versuchen kann
- Lernen wird durch Fortschrittsindikatoren sichtbar
- Lernende können durch unterschiedliche Avatare oder Charaktere verschiedene Identitäten erkunden
- Höheres Engagement und Konzentrationsniveau der Lernenden
Spielmechanismen an die Zielgruppe anpassen
Welche Mechanismen auch eingebaut werden, sie sollten in jedem Fall an die jeweilige Zielgruppe angepasst werden: Während jüngere Lernende wohl kein Problem mit High Scores und Avataren haben, sind für erwachsene Mitarbeiter*innen oder in sehr traditionell orientierten Berufen und Branchen sanfte Spielelemente wie etwa Fortschrittsbalken unauffälliger, führen aber mitunter zum selben Ergebnis.
Ebenso wichtig ist die Medienkompetenz der Nutzer*innen. Auch hier offenbart sich wieder der Generationenunterschied: Während die jüngere Zielgruppe Spielen tendenziell eher offen gegenübersteht, gilt es für andere User*innen, spielerische Elemente dezenter zu integrieren, um den Wert der Lerninhalte nicht von vornherein abzuschwächen.
Zudem ist es wichtig, den gesamten Spielprozess weder zu schwierig noch zu einfach zu gestalten, um Frustration und Langeweile zu vermeiden. Das funktioniert am besten, indem Sie sich noch vor Implementierung des Prozesses Feedback von Tester*innen holen und es entsprechend umsetzen.
Fazit: Effektiv lernen mit Gamified Learning
Technologie durchdringt immer mehr Bereiche unseres täglichen Lebens und hat die Art und Weise verändert, wie wir leben, einkaufen, arbeiten, spielen, essen, Menschen treffen und soziale Kontakte pflegen. Das können wir auch zu unserem Vorteil nutzen: Gamified Learning funktioniert, weil es echte, starke menschliche Emotionen wie Glück, Aufregung und Leistung auslöst und hat sich zur Schulung von Mitarbeiter*innen als enorm effektiv erwiesen.